Glückskind Trageberatung | Das Tragen
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Über das Tragen

Das für einen Säugling, der getragen wird, angemessene Gefühl ist sein Gefühl von Richtigkeit, von elementarem Wohlbefinden. Sein Platz auf dem Arm ist der erwartete Platz, seinem innersten Gefühl nach sein Platz. Und was er erfährt, wenn er getragen wird, erfüllt seine jetzigen Bedürfnisse und fördert seine Entwicklung auf die richtige Weise.

Jean Liedloff

Aus evolutionärer Sicht
Kinder sind seit jeher auf „Andocken“ ausgelegt“
Herbert Renz-Polster

Menschen sind aus evolutionärer Sicht Traglinge. In den Ur-Völkern wurden und werden sie von Geburt an von der Mutter oder einer anderen Person, die die Mutterrolle übernimmt, getragen, sie sind immer dabei beim normalen Alltagsleben, werden auch später, wenn sie schon laufen können, auf Wunsch jederzeit hochgenommen. Sie haben einen Klammerreflex und eine angeborene Hockstellung der Beine beim Hochnehmen. Sie wären ohne die dauerhafte vertraute Nähe von Erwachsenen verloren gewesen. Sicherheit konnte ein Säugling nur körperlich erfahren, durch Berührungen, Sinneserfahrungen, Zugewandtheit, ausgestrahlte Liebe. Körperliche Nähe festigt Bindung, sie ist eine wechselseitiges Geben und Nehmen.

Aus heutiger, westlicher, gesellschaftlicher Sicht

Aus Unsicher – und Unwissenheit wagen es Eltern heutzutage nicht immer, ihrem „evolutionären Gedächtnis“, zu folgen, das sie natürlicherweise in sich tragen, das aber möglicherweise aus eigenen, anderen Erfahrungen heraus verschüttet ist, verdrängt oder nicht zugelassen wird. Die Unsicherheit von Primär- und Sekundärbezugsperson ist oft deutlich spürbar, und die Gefahr, den gut gemeinten 1000 Ratschlägen zu folgen, mit denen „wir ja alle groß geworden sind“, ist hoch. Ohne Bestärkung haben es Eltern oft schwer, ihr ganz eigenes Bauchgefühl zu erspüren, ihm zu vertrauen und die gesellschaftliche Sichtweise zu ignorieren.

So werden Kinder doch sehr häufig nach der Geburt von der Mutter getrennt, in Plastikbettchen, in desinfizierte „Aufbewahrungsräume“ gelegt, es werden immer noch 4 Stunden-Zeiträume zum Stillen empfohlen, die Angst vorm Verwöhnen geht um, und daher lieber das Kind von Anfang an ins eigene Bett oder sogar Zimmer stecken. Es wird durch viele äußere Einflüsse den Müttern der Mut genommen, intuitiv auf ihr Baby zu reagieren.

Wer sein Baby stillt, trägt, liebt, ihm gleichwertigen Raum innerhalb der Familie einräumt, wie jedem anderen Familienmitglied, wird häufig nicht ernst genommen, belächelt, ungefragt beratschlagt, muss sich seltsame Fragen gefallen lassen, teilweise von wildfremden Menschen.

Aus bindungsorientierter Sicht
Bindung ist das gefühlsgetragene Band, das eine Person zu einer anderen spezifischen Person anknüpft und das sie über Raum und Zeit miteinander verbindet.
John Bowlby

Eltern, die nach Attachment Parenting ihr Kind beim Aufwachsen begleiten kennen die Sehnsucht der Kinder, ihre grundlegenden Erwartungen ans Leben. Sie wissen um die möglichen Verletzungen durch frühe Trennung, durch Ablegen, Schreienlassen, Stillen nach Uhr usw. Feinfühliges Reagieren, sowie das stete Aussenden von mütterlichen und das Empfangen von kindlichen Signalen trägt zum Erhalt des Urvertrauens und zur Stärkung der Bindung bei. Neben dem Getragenwerden liegen die Prioritäten in der bindungsorientierten Erziehung im prompten Erfüllen der kindlichen Grundbedürfnisse. Stillen nach Bedarf, Körperkontakt und Nähe, gemeinsames Schlafen im Familienbett, verlässliche Strukturen, so wird das Knüpfen eines Bindungbandes möglich. Wird das Kind getragen, erlebt es Halt und Vertrauen, ist am direkten Geschehen beteiligt, steht in emotionaler und körperlicher Verbundenheit zu seinen Eltern und bekommt so immer sein eigenes Bedürfnis nach Nähe und Kontakt, nach Verbundenheit und Wärme befriedigt. Es erfährt, wo sein sicherer Hafen ist, wo es ohne Bedingung willkommen ist, und so angenommen wird, wie es ist.

Vorteile des Tragens fürs Kind

 

  • Erfüllung von Grundbedürfnissen
  • Sicherheit, Verlass, Urvertrauen bleibt erhalten
  • Erfährt (ausser)familiären Schutzraum, Geborgenheit
  • Herz-zu-Herz Verbindung, immerwährender Körperkontakt
  • Emotionale Interaktion zwischen Kind und Betreuungsperson
  • Gefühl von Angenommensein, von Richtigsein, Zugehörigkeitsgefühl, Dabeisein
  • Vermittlung 3-dimensionalen Eindruck der Welt
  • ermöglicht späteres Einschätzen von Gefahren durch Abgründe oder schräge Ebenen
  • optimale Hüftstellung durch Anhock-Spreizhaltung
  • Körper kommt in Eigenaktivität, wird zur Aufrichtung animiert

Vorteile des Tragens für die tragende Person

 

  • Einfühlungsvermögen durch körperliche Nähe, intensive Bindung
  • Fähigkeit zu Mitgefühl und Empathie, Liebe geben können
  • Erhöht eigenes seelisches Wohlbefinden
  • Be- und Verstärkung der eigenen Kompetenz, emotional, menschlich, fachlich
  • Unterbrechung der transgenerationalen Weitergabe von ungesunden Bindungsmustern (heisst auch: Weitergabe von Störungen ! )
  • Prävention von Bindungsstörungen
  • Herz-zu-Herz Verbindung, immerwährender Körperkontakt
  • Emotionale Interaktion zwischen Kind und Betreuungsperson – stellt Beziehung her!
  • Gefühl von Angenommensein, von Richtigsein, von Akzeptanz, Zugehörigkeitsgefühl, Da-sein
  • Vereinfachter, stressfreierer, individuell besser gestaltbarer Alltag
  • Kinder können überall dabei sein, müssen nicht abgelegt werden, erhöhte Mobilität
  • Möglichkeit zur intensiven Beschäftigung mit eigenem Bindungsmuster -> Selbstreflexion und Unterbrechung des bisherigen Musters
  • Mehr Menschlichkeit und Mütterlichkeit, mehr geben, mehr erhalten, mehr Erleben
  • Wegbegleiter und –bereiter sein für die kommende Generation